Es ist kein Geheimnis, dass Bewerber oft in die Trickkiste greifen. Dabei werden gewünschte Persönlichkeitsmerkmale auch einmal aus der Stellenausschreibung ins eigene Anschreiben kopiert, ohne dass diese unbedingt auf einen selbst zutreffen. Vielleicht wird sogar eine frei erfundene Tätigkeit im sozialen Engagement zum Lebenslauf dazu gedichtet, um seine soziale Ader noch stärker zu unterstreichen. Die unangenehme Lücke im Lebenslauf wird gekonnt kaschiert.
Auf die gesamten Bewerbungsunterlagen wird also ein positiver Filter gelegt, um aus der breiten Masse herauszustechen und seinen potenziellen Arbeitgeber zu beeindrucken. Aus Sicht der Kandidaten gut nachvollziehbar, schließlich werden geschätzt ca. 90 Prozent der Personen bereits bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen aussortiert.
Diese übertrieben positiven Selbstdarstellungen beruhen dabei immer auf impliziten Annahmen, wie z.B. dass soziales Engagement uns sozial kompetenter wirken lasse. Aber lassen sich solche Annahmen wirklich belegen? Kann man von Hobbies, sozialem Engagement oder Lücken im Lebenslauf wirklich auf die Persönlichkeit oder die sozialen Kompetenzen von Menschen schließen? Ich habe die Antworten in der aktuellen personalpsychologischen Forschung gesucht:
Lücken im Lebenslauf: Eine groß angelegte Studie mit 1500 Teilnehmern hat gezeigt, dass Lücken im Lebenslauf nicht aussagekräftig sind, um zu beurteilen, ob ein Bewerber gewissenhaft, leistungs-oder zielorientiert ist. Dieses Ergebnis ist nur auf den ersten Blick überraschend. Schließlich können solche Lücken viele unterschiedliche und nachvollziehbare Gründe haben. Bewerber nutzen ihre Auszeit selten, um ein halbes Jahr auf der Couch zu liegen. Viele nutzen diese Zeit für eine Weiterbildung, die Kindererziehung oder für die Pflege der Eltern. Eine Lücke nach Studienabschluss könnte z.B. auch einfach darauf hindeuten, dass sich zu jenem Zeitpunkt nicht sofort eine Anschlusstätigkeit ergeben hat.
Hobbies und Soziales Engagement: In einer Studie wurden insgesamt 13 Freizeitaktivitäten (wie Kochen, Sport, Kunst, Gesellschaftsspiele, Technik etc.) und ihr Zusammenhang zu den fünf grundlegenden Persönlichkeitsmerkmalen (die sogenannten BIG FIVE: Extraversion, Neurotizismus, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit) sowie zu sozialen Kompetenzen untersucht.
Auch hier lassen sich keine oder nur sehr geringe Effekte finden. Daraus folgt, dass alltagspsychologische Aussagen wie z.B. „Mannschaftsportler und Menschen, die sich sozial engagieren, sind sozial kompetenter “ kritisch betrachtet werden müssen.
Nichts desto trotz, es hat einen durchaus validen Grund, warum Kandidaten Hobbies dazu dichten oder Lücken im Lebenslauf kaschieren. Schließlich legen Umfragen zufolge viele Personalverantwortliche sehr großen Wert auf jene Angaben.
Zusammenfassend kann man nun sagen, dass einige Angaben, die immer noch standardmäßig in den Bewerbungsunterlagen gemacht werden (wie Hobbies, soziales Engagement) keine Schlüsse auf Persönlichkeitseigenschaften oder die soziale Kompetenz von Bewerbern zulassen. Personalverantwortlichen wird daher vermehrt empfohlen, validere Kriterien bei der Sichtung von Bewerbungsunterlagen hinzuzuziehen – jene, die Berufserfolg besser vorhersagen können (wie z.B. Uni-Zeugnisse bei Absolventen) oder Leistungstests zur Vorauswahl einzusetzen.
Leistungstests können für alle Beteiligten aufwändig und unangenehm sein. Sie stellen allerdings oft die besseren Kriterien dar und garantieren gleichzeitig mehr Fairness im Auswahlprozess. Warum es sinnvoll ist, sich auf solche Tests vorzubereiten und wie du dies tun kannst, erfährst du im meinem Artikel „Warum es sinnvoll ist, sich auf Leistungstests vorzubereiten.
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Vortrag von Prof. Dr. Uwe Kanning zum Jubiläum 10 Jahre Swiss Assessment
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