Die Einladung zum Assessment-Center ist ein wichtiger Meilenstein, auf den man stolz sein kann, schließlich hat man die erste Runde im Bewerbungsprozess bereits geschafft. Man hat mit seinen Unterlagen und evtl. auch bereits im ersten, telefonischen Interview überzeugt. Solch eine Einladung kann einem aber auch Schweißperlen auf die Stirn treiben. Was erwartet mich dort genau? Wie bereite ich mich vor? Welche Testverfahren setzt das Unternehmen ein? Und kann ich meine Leistung durch eine Vorbereitung auf solche Testverfahren überhaupt verbessern? Das alles sind nur einige der Fragen, die einem in dieser Situation durch den Kopf gehen können.
Bei Personalauswahlverfahren werden immer häufiger Intelligenztests oder sogenannte Leistungstests eingesetzt. Sie sind in der Regel eine objektive und faire Möglichkeit, um die allgemeine Lernfähigkeit eines Bewerbers zu erfassen. Je nach Stellenbeschreibung können auch ein paar weitere kognitive Fähigkeiten (wie z.B. Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Allgemeinwissen, mentales Rotieren etc.) abgefragt werden. Im Internet gibt es mittlerweile einige Webseiten, die solche Tests kostenlos anbieten. Natürlich wird man nicht genau dieselben Aufgaben üben können, die einem später auch in der Bewerbungssituation vorgelegt werden. Trotzdem gibt es drei zentrale Gründe, warum sich das Üben auf jeden Fall lohnt:
Erlangen von mehr Selbstsicherheit in der Testsituation: Durch das Üben von Testaufgaben bekommst du automatisch mehr Selbstsicherheit – und dies wird sich bei der Bearbeitung des eigentlichen Tests im Bewerbungsverfahren auszahlen! Du wirst weniger ängstlich sein, da die Aufgabenkategorien und Ablaufmuster für dich bereits bekannt sein werden. Eine gute Vorbereitung kann dir somit dabei helfen, einen gestressten „Tunnelblick“ zu vermeiden. Weniger Angst bedeuten im Umkehrschluss mehr Fokus und ein höheres Energielevel, das deine Leistungsfähigkeit und schließlich dein Testergebnis verbessern kann.
Entwickeln von Lösungsstrategien: Durch das Üben, bekommst du einen guten Überblick über die Anforderungen von unterschiedlichen Leistungstests. Unabhängig davon, welche Tests du konkret bearbeitest, die meisten von ihnen sind im Groben ähnlich aufgebaut: So ist z. B. das Vervollständigen von Zahlenreihen oder das Ergänzen von Matrizen regelmäßiger Bestandteil von in der Praxis eingesetzten Testverfahren. Übungsaufgaben geben dir daher die Möglichkeit (und die Zeit), die Instruktionen besser zu verstehen, dich mit den notwendigen Lösungsprinzipien vertraut zu machen und eine Reihe von nützlichen Strategien zu entwickeln. Dies wird dir letztendlich dabei helfen, die Aufgaben „im Ernstfall“ schneller und akkurater zu bearbeiten.
Mit Zeitdruck umgehen lernen: Leistung ist definiert als Performance pro definierte Zeiteinheit. Aus diesem Grund sind Leistungstests meist zeitlich begrenzt. Es werden dir pro Aufgabenblock oft nur wenige Minuten Zeit zur Verfügung stehen. Das Bearbeiten von Übungsaufgaben hilft dir also zu lernen, bei der Bearbeitung sowohl sorgfältig als auch zügig vorzugehen. Außerdem wird eine gute Vorbereitung auch deine Frustrations- und Stresstoleranz erheblich stärken. So wirst du merken, dass du nicht verzweifeln musst, wenn du einmal eine oder zwei Aufgaben nicht lösen kannst – denn oft sind die Tests genau so angelegt, dass du nicht alle Aufgaben in der verfügbaren Zeit lösen kannst.
Auch zahlreiche Studien belegen einen positiven Effekt von guter Vorbereitung auf die Testergebnisse (z.B. Lipsey & Wilson, 1994)*.
Daher liebe/r Leser/in, falls du dich in der Vergangenheit davor gescheut hast: Zeit zu investieren und sich auf Tests vorzubereiten lohnt sich!
Einige Webseiten, auf denen du Tests online und kostenlos absolvieren kannst, findest du hier:
- Test Typ: Berufsorientierung (inkl. Interessenstest)
- Dauer: ca. 60 Minuten
- Auswertung: Deinen persönlichen Ergebnisbericht in pdf-Dokument erhältst du innerhalb von 12 Stunden per E-Mail
- Teilkomponenten im Test: Problemlösekompetenz , Persönlichkeit, Interessen
- Vorteile: Das Institut bietet unterschiedliche wissenschaftlich fundierte Online-Tests für Schüler, Studenten (der Ingenieurwissenschaften) und für Personen mit Berufserfahrung an. Aussagekräftig sind auch die Subtests zu Persönlichkeit und den eigenen Berufsinteressen, die das Gesamtprofil abrunden.
- Einschränkungen: Du musst dich zunächst mit Namen und Email anmelden und erhältst daraufhin den Aktivierungslink via Email zugesendet. Den persönlichen Ergebnisbericht erhältst du dann 12 Stunden nach Durchführung des Tests per Email.
- Test Typ: Intelligenztest
- Dauer: ca. 60 Minuten
- Auswertung: Erfolgt unmittelbar nach Testdurchführung, basierend auf deinem Alter
- Teilkomponenten im Test: 6 unterschiedliche Untertests, die sprachliche, numerische und figurale Leistungsaspekte erfassen
- Vorteile: Deckt verschiedene Leistungsaspekte und somit ein breites Spektrum an Aufgaben ab
- Einschränkungen: Der altersabhängige IQ-Wert, der nach Testdurchführung ausgegeben wird, ist nicht sehr aussagekräftig, da die Referenzstichprobe nur auf dem Alter basiert.
- Erläuterung: Der IQ Wert ist immer ein vergleichender Wert. So bedeutet der Wert 100, dass man im Durchschnitt genauso viele Aufgaben lösen konnte wie die Gruppe an Personen mit der man verglichen wurde – in der Regel wird man u.a. mit Personen mit dem gleichen Bildungsabschluss verglichen. Bei diesem Test wird jedoch lediglich das Alter der Testteilnehmer ermittelt.
- Aus meiner Sicht ist die Auswertung nicht genau genug, um den „wahren“ IQ Wert zu ermitteln. Zum Üben für Leistungstests dieses Formats ist der Test aber gut geeignet und daher empfehlenswert.
- Test Typ: „Ausbildungspark“ bietet eine Reihe von unterschiedlichen Tests an (u.a. auch für verschiedene Berufe), darunter auch IQ-, Wissens- und Englischtests
- Dauer: Unterschiedlich je nach Test, meist zwischen 20-30 Minuten
- Auswertung: Sofortige Auswertung nach Testdurchführung. Dabei wird angegeben, wie viele Fragen pro Untertest richtig gelöst werden, es findet dabei kein Vergleich mit einer Stichprobe (von z.B. Personen mit gleichem Bildungsabschluss) statt.
- Vorteile: Die Webseite bietet einen breiten Umfang an unterschiedlichen Testfragen und eine unmittelbare Auswertung an.
- Einschränkungen: Berufsspezifische Eignungs- bzw. Einstellungsverfahren sind lediglich für Ausbildungsberufe verfügbar. Die verfügbare Testdauer ist außerdem meist etwas zu kurz – diese wird in der Praxis meist länger ausfallen. Leider gibt die Auswertung nur die Anzahl der richtigen Fragen wider und stellt das Testergebnis nicht in Verhältnis zu Ergebnissen von Gleichaltrigen oder Personen mit dem gleichen Bildungsabschluss.
Die Testverfahren auf „Ausbildungspark“ sind aus meiner Sicht gut geeignet, um sich mit Testfragen vertraut zu machen, sollten von dir aber nicht herangezogen werden, um die tatsächliche Eignung für einen Beruf oder den „wahren IQ“ Wert zu bestimmen.
Wie bereitest du dich auf Personalauswahlverfahren vor? Hast du weitere Tipps, die du gerne mit uns teilen möchtest?
Interessantes zum Nach- und Weiterlesen:
*Lipsey, Mark & B. Wilson, David. (1994). The Efficacy of Psychological, Educational, and Behavioral Treatment: Confirmation from Meta-Analysis. The American psychologist. 48. 1181-209. 10.1037//0003-066X.48.12.1181.
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